Diese Website verwendet Cookies, die für die Funktionalität der Site notwendig sind. Wenn Sie mehr über die genutzten Cookies erfahren möchten, lesen Sie sich bitte unsere Ausführungen zu Cookies in unserer Datenschutzerklärung durch.

Indem Sie dieses Banner schließen, die Seite nach unten scrollen, einen Link anklicken oder Ihre Recherche auf andere Weise fortsetzen, erklären Sie sich mit dem Gebrauch von Cookies auf unserer Site einverstanden.

Erntejagd: Sicherheit vor Jagderfolg

26.09.2024

Vergrößerung des Bildes für Jäger auf Hochsitz.
Die Schussabgabe von erhöhter Position und großflächige Signalkleidung bei Gesellschaftsjagden machen die Erntejagd sicherer.

Erntejagden sind für Jäger und Landwirte eine besondere Herausforderung, da erhebliche Sicherheitsrisiken gemanagt werden müssen. Die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) zeigt, was für eine sichere Erntejagd zu beachten ist.


Bei Erntejagden kommt es immer wieder zu Unfällen mit schweren und tödlichen Verletzungen. Schlagzeilen wie „Geschoss durchschlug die Schlepperkabine“ oder „Jäger verwechselte Mitjäger mit Wildschwein“ belegen das. Mangelnde Planung, fehlende Kommunikation und die Nichtbeachtung des Kugelfangs sind häufig unfallursächlich. Eine sorgfältige Planung und Organisation sowie eine professionelle Durchführung sind grundlegende Voraussetzungen für jede Form der Jagdausübung. Bei Erntejagden gilt dies umso mehr. Federführend sind hier die verantwortlichen Jagdherren.

Klare Regeln für den Schuss

Die Unfallverhütungsvorschrift VSG 4.4 „Jagd“ fordert: „Ein Schuss darf erst abgegeben werden, wenn sich der Schütze vergewissert hat, dass niemand gefährdet wird.“ Die der Regel folgenden Hinweise konkretisieren: „Eine Gefährdung ist zum Beispiel dann gegeben, wenn

  • Personen durch Geschosse oder Geschossteile verletzt werden können, die an Steinen, gefrorenem Boden, Ästen, Wasserflächen oder am Wildkörper abprallen oder beim Durchschlagen des Wildkörpers abgelenkt werden,
  • beim Schießen mit Einzelgeschossen kein ausreichender Kugelfang vorhanden ist oder
  • bei Erntejagden keine angemessenen technischen sowie organisatorischen Maßnahmen im Zuge der Jagdvorbereitung und Jagddurchführung erfolgen.“

Dem Schützen wird so der Handlungsspielraum aufgezeigt, wie er der Forderung nachkommen kann, niemanden bei der Schussabgabe zu gefährden. Damit wird auch klar, dass bereits bei der Jagdvorbereitung angemessene Maßnahmen zu ergreifen sind. Mit erhöhten jagdlichen Einrichtungen und der Beschränkung der Schussentfernung wird den Anforderungen im Besonderen genüge getan.

Praxis-Tipps für sichere Erntejagden

Eine detaillierte Absprache zwischen Jäger und Landwirt bzw. Maschinenführer ist für den Jagderfolg und die Sicherheit entscheidend. Durch eine frühzeitige Kontaktaufnahme können Abläufe gemeinsam besprochen und geplant werden, zum Beispiel wann welche Schläge geerntet werden. Auch die angesetzten Zeiten sind entscheidend – endet die Jagd bei Tageslicht oder in der Dämmerung? Treffpunkt, Schützenstände und ggf. weitere Ausrüstung sind festzulegen und allen mitzuteilen. Zudem kann auch darauf hingewirkt werden, dass in Raps und Mais bereits frühzeitig Schuss- und Gliederungsstreifen vom Landwirt angelegt werden. Bei großen Ernteschlägen hat sich das Anlegen von Durchstichen mit Aufteilen in kleinere Treiben bewährt. Dadurch können die Anzahl der benötigten Schützen und ggf. auch die Schussdistanzen verringert werden, was die Sicherheit weiter erhöht. Der Einsatz mobiler Jagdeinrichtungen ermöglicht hier ein schnelleres Umsetzen zwischen den einzelnen Treiben. 

Jeder Schütze muss darauf achten, dass zu keinem Zeitpunkt Personen durch die Schussabgabe gefährdet werden. Das Schießen in das Treiben sowie in Bereiche, in denen sich Personen in gefahrbringender Nähe aufhalten, ist verboten.

Vorteilhaft kann sein, die Schützen nicht unmittelbar in Feldnähe, sondern in größerer Entfernung anzustellen, zum Beispiel an Fernwechseln. Die Idee dahinter ist, dass die Sauen dadurch vertrauter und langsamer aus dem Schlag wechseln, weil der Druck der Schützen schwächer ist. Dadurch haben die Schützen mehr Zeit für das Ansprechen und das sichere Schießen auf das ziehende Wild abseits von Gefährdungsbereichen. 

Vorbereitung mit Organisationsliste 

Der Jagdherr führt eine Liste mit den Kontaktdaten der beteiligten Jagdteilnehmer, Landwirte, Lohnunternehmer und Reviernachbarn und gibt diese an alle Teilnehmer weiter. Die Notrufnummer 112, Rettungspunkte und die Telefonnummern der Tierärzte mit Bereitschaftsdienst sollten ebenfalls enthalten sein. Alle Beteiligten, ggf. Jagdleiter und eingesetzte Jagdhelfer, sind in die Vorbereitungen einzubeziehen. 

Verkehrssicherung mitdenken

Ein wichtiger Aspekt der Planung ist auch die Verkehrssicherung, um unbeteiligte Dritte nicht zu gefährden. Die Lage der öffentlichen Straßen und die Verkehrssituation, mit der zu rechnen ist, entscheiden über die zu treffenden Absicherungsmaßnahmen. Über die Verkehrsbehörde ist beim zuständigen Straßenbaulastträger eine Genehmigung für die Beschilderung einzuholen. Bereits bei der Planung informiert sich der Jagdherr bzw. der eingesetzte Jagdleiter bei der zuständigen Behörde, meist das Landratsamt, über Genehmigungsfristen und Bedingungen. Die land- und forstwirtschaftlichen Wirtschaftswege sind in der Regel beschränkte öffentliche Wege. Auch diese müssen hinsichtlich notwendiger Absicherungsmaßnahmen des Freizeit- und Wirtschaftsverkehrs beurteilt werden. Dort begegnen sich häufig landwirtschaftlicher Verkehr, Jäger und möglicherweise Spaziergänger oder andere Verkehrsteilnehmer. Die Beschilderung zur Verkehrssicherung wird zeitnah, etwa eine Stunde vor dem Jagdbeginn, aufgestellt und unmittelbar nach Beendigung der Jagd wieder entfernt.

Vergrößerung des Bildes für Cartoon zur Planung zum Jagderfolg.
Cartoon Planung Jagderfolg

Jagdansprache: Klarheit vor Beginn

Der Jagdherr bzw. der von ihm bestimmte Jagdleiter trägt während der Jagd die Verantwortung für die Einhaltung der Sicherheitsmaßnahmen. Er sorgt für klare Anweisungen, stellt die Kommunikation zwischen den Beteiligten sicher und kontrolliert den ordnungs-gemäßen Ablauf. Vor der Durchführung der Jagd werden die in der Planung festgelegten Jagdeinrichtungen aufgestellt.

Die Jagdleitung erläutert den Jagdablauf und führt die Gruppenunterweisung zu den Sicherheitsmaßnahmen, die sogenannte Jagdansprache, durch. In der Jagdansprache sind folgende Punkte zu berücksichtigen und an die jeweiligen Gegebenheiten anzupassen:

  • Ein Hinweis auf die Besonderheiten von Erntejagden hinsichtlich Sicherheitsmaßnahmen und einzuhaltende Regeln ist zu geben.
  • Konsequenzen bei Regelmissachtung bis zum Ausschluss von der Jagd sind aufzuzeigen.
  • Teilnahme ist nur mit gültigem Jagdschein möglich. Die Kontrolle erfolgt vor Jagdbeginn.
  • Jeder Jagdteilnehmer muss Kleidung in Signalfarben tragen, mindestens Warnweste.
  • Alkohol- und Drogenverbot bestehen und sind zu beachten.
  • Am Sammelplatz sind alle Waffen mit offenem Verschluss, entladen und mit der Mündung nach oben zu tragen.
  • Signale werden bekannt gegeben (An- beziehungsweise Abblasen). Signal für Jagdunterbrechung erläutern (ggf. erforderliche Wildbergung aus dem Erntebereich, technische Probleme an den Erntemaschinen).
  • Jeder Schütze bekommt einen Stand zugewiesen. Eine Verständigung mit dem Standnachbarn hat nach Bedarf zu erfolgen. Stände dürfen während der Jagd nicht verlassen werden.
  • Hinweis geben, dass gegebenenfalls die Fernwechsel besetzt sind.
  • Die Jagdleitung legt den Schussbereich und die maximale Schussentfernung gemäß den vorherrschenden Geländeverhältnissen verbindlich fest.
  • Geeignete Büchsenmunition ist zu verwenden.
  • Es darf grundsätzlich nicht in den abzuerntenden Bereich (Schlag/Acker) geschossen werden.
  • Eine Absprache sowie Kommunikationsregeln und Kommunikationsmöglichkeiten (zum Beispiel Mobiltelefon oder Funk) mit den Erntemaschinenführern und den Jagdteilnehmern sind zu vereinbaren (zum Beispiel das Abblasen des „Treibens“, da beschossenes Wild in das zu beerntende Feld zieht oder ein Umsetzen/Nachrücken der mobilen Jagdeinrichtungen durch den Erntefortschritt erforderlich ist).
  • Der Beginn und das Ende der Erntetätigkeit wird bekanntgegeben (Mobiltelefon, Funk).
  • Die Jagdleitung bestimmt, wann die Waffen geladen werden dürfen und wann geschossen werden darf.
  • Hinweis auf besondere Gefährdungen durch die Erntemaschinen (zum Beispiel Schwenkbereich der Erntemaschinen) geben.
  • Verhaltensregeln und Ablauf der Rettungskette im Notfall geben.

Vergrößerung des Bildes für Cartoon Kugelfang.
Cartoon Kugelfang

Sicherer Kugelfang: ein Muss

Ein sicherer Kugelfang ist bei jedem Schuss das oberste Gebot. Maßnahmen zur Vermeidung von Abprallern verhindern Unfälle. Zu beachten ist: Je flacher der Schusswinkel, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass Geschosse und Geschossteile vom Boden abprallen. Wie weit kann ohne Abprallgefährdung geschossen werden? Eine Untersuchung des DEVA Instituts hat gezeigt, dass bei ebenerdigen Schüssen im ebenen Gelände bereits ab einer Entfernung von 8,5 Metern kein zuverlässiger Kugelfang mehr besteht. Wird die Mündungshöhe durch Stehen auf einem Drückjagdbock auf rund drei Meter gebracht, wird eine maximale Schussentfernung von 17 Metern erreicht. Der Schütze sollte sich deshalb im ebenen Gelände bei der Schussabgabe generell auf einem erhöhten Ansitz befinden. So wird gewährleistet, dass die Kugel sicher abgefangen wird. Eine Beschränkung der Schussentfernung ist allerdings auch dafür Grundvoraussetzung.

Wenn möglich kann mitunter die Geländeform als Kugelfang genutzt werden, zum Bei-spiel indem im Bereich von Hängen und Kuppen in den Hang geschossen wird. Werden Geländeformen angemessen genutzt, maximale Schussdistanzen und sich ergebende Gefahrenbereiche streng beachtet, kann in Ausnahmen von erhöhten Ansitzeinrichtungen abgesehen werden.

Neue technische Möglichkeiten kennen und nutzen

Der Einsatz von Drohnen mit Wärmebildkameras wird zusehends zur Abklärung des Wildvorkommens im Schlag eingesetzt. Berichten zufolge lässt sich dadurch ein gezielteres Vorgehen erreichen, da das Wildvorkommen und dessen Zusammensetzung im Vorfeld abgeklärt werden kann. 

Fazit
Eine sichere Erntejagd erfordert sorgfältige Planung und enge Zusammenarbeit zwischen Jägern, Landwirten und Maschinenführern. Dabei sind klare und verbindliche Absprachen entscheidend, um Gefährdungen und letztendlich Unfälle zu vermeiden. Der umfassenden Beachtung der Forderung „Ein Schuss darf erst abgegeben werden, wenn sich der Schütze vergewissert hat, dass niemand gefährdet wird“ kommt dabei eine herausragende Rolle zu. Die SVLFG unterstützt mit Beratungsangeboten und Informationen, damit sichere Erntejagden zur Regel werden.
Mehr Hinweise und Infomaterial

Weitere Informationen und Hinweise zur Sicherheit bei Erntejagden gibt es auf der Website der SVLFG unter www.svlfg.de/so-gelingt-die-erntejagd. Dort findet sich auch eine Checkliste für die Hinweise zur Ansprache des Jagdleiters bei Erntejagden. Interessierte können außerdem die SVLFG-Broschüre „B44 Erntejagd“ kostenfrei unter www.svlfg.de; Suchbegriff: B44 herunterladen. Druckexemplare können telefonisch unter 0561 785-10339 oder online unter www.svlfg.de/broschueren-bestellen angefordert werden. Für Rückfragen stehen die Präventionsexperten der SVLFG per Mail zur Verfügung.