§ 8 Zusammenarbeit mit Dritten
(1) 1Mit der regelmäßigen Wahrnehmung laufender Verwaltungsaufgaben in der landwirtschaftlichen Sozialversicherung kann die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau Dritte beauftragen, soweit dies einer wirtschaftlichen Aufgabenerfüllung und einer sachgerechten Betreuung der Versicherten dient und diese nicht durch eine Zusammenarbeit mit den Versicherungsämtern gewährleistet werden kann. 2§ 88 Absatz 3 und § 90 Satz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch gelten entsprechend. 3Die Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben durch Dritte bedarf der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde. 4Die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau hat mit dem Dritten einen Vertrag abzuschließen, in dem Art, Inhalt und Umfang der vom Dritten zu erbringenden Leistungen sowie die ihm zu gewährende Vergütung für die einzelnen Leistungen geregelt sind; in dem Vertrag ist ferner eine regelmäßige Wirtschaftlichkeitsprüfung vorzusehen.
(2) 1Die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau kann einzelnen Mitgliedern mit deren Zustimmung für örtliche Bezirke insbesondere die Annahme von Meldungen und Anträgen sowie die Beratung der Versicherten übertragen, soweit dies einer wirtschaftlichen Aufgabenerfüllung und einer sachgerechten Betreuung der Versicherten dient. 2Dabei ist eine regelmäßige Wirtschaftlichkeitsprüfung vorzusehen. 3Die entstandenen Aufwendungen sind zu erstatten. 4Hierfür kann die Vertreterversammlung feste Sätze beschließen. 5Der Beschluss bedarf der Genehmigung der Aufsichtsbehörde.
(3) 1Die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau kann die zur Gewährung von häuslicher Krankenpflege und von Betriebs- und Haushaltshilfe benötigten Personen anstellen. 2Nimmt sie dafür andere geeignete Personen, Einrichtungen oder Unternehmen in Anspruch, hat sie über Inhalt, Umfang, Vergütung sowie Prüfung der Qualität und Wirtschaftlichkeit der Dienstleistungen Verträge zu schließen.
Bei § 8 Abs. 1 Satz 1 SVLFGG handelt es sich um eine spezialgesetzlich zugelassene Funktionsübertragung, die der allgemeinen Regelung des § 97 SGB X vorgeht (vgl. insoweit bereits zur Vorgängervorschrift BT-Drs. 17/5691 vom 02.05.2011, Frage 20). Soweit zur Aufgabenerfüllung zweckmäßig, konnten schon gem. § 18 Abs. 2 KVLG 1989 a. F. Dritte bei der Wahrnehmung laufender Verwaltungsaufgaben herangezogen werden, wobei §§ 88 Abs. 3 und 90 SGB X entsprechend galten (Art. 11 Nr. 11 Agrarsozialreformgesetz 1995 – ASRG 1995, BGBl. Teil I Nr. 51 vom 05.08.1994, S. 1930). Der Erlass von Verwaltungsakten blieb allerdings, wie es auch die Vorschriften des SGB X vorsehen, dem jeweiligen Träger der landwirtschaftlichen Sozialversicherung vorbehalten (BT-Drs. 12/5889 i. V. m. 12/5700, S. 96).
Mit Art. 9 des Gesetzes zur Änderung des Wohngeldgesetzes und anderer Gesetze vom 22.12.1999 (BGBl. Teil I Nr. 60 vom 30.12.1999, S. 2807) wurde § 18 Abs. 2 KVLG 1989 weiter ergänzt. Der Inhalt entsprach im Wesentlichen schon der heutigen Regelung.
Unmittelbare Vorgängervorschrift zur jetzigen Regelung in § 8 Abs. 1 Satz 1 SVLFGG war Abs. 1 Satz 3 des § 18 KVLG 1989 i. d. F. vom 18.12.2007, der im weiteren Kontext der Sätze 1 und 2 des § 18 Abs. 1 KVLG 1989 zu sehen ist. Die Zusammenarbeit mit Dritten knüpfte bis zum 31.12.2012 an die Aufgaben der von den landwirtschaftlichen Krankenkassen errichteten Verwaltungsstellen an. Neben den Aufgaben der landwirtschaftlichen Kranken- und Pflegekasse oblagen einer Verwaltungsstelle auch solche der landwirtschaftlichen Alterskasse und der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft. Mit der Errichtung von Verwaltungsstellen erfolgte mithin eine örtlich begrenzte Fortsetzung des Prinzips der regionalen Verwaltungsgemeinschaften - bestehend aus den für die Durchführung der einzelnen Versicherungszweige zuständigen Trägern der landwirtschaftlichen Sozialversicherung. Im Zuge der Neuordnung der Organisation der landwirtschaftlichen Sozialversicherung wurden diese aufbauorganisatorischen Rahmenbedingungen jedoch nicht übernommen.
Die zum 01.01.2013 als Körperschaft des öffentlichen Rechts errichtete SVLFG ist für die Durchführung der Aufgaben aller vier Versicherungszweige der landwirtschaftlichen Sozialversicherung und insoweit jeweils bundesweit zuständig (siehe § 2 SVLFGG). Verwaltungsstellen im Sinne des inzwischen aufgehobenen § 18 KVLG 1989 sieht der Organisationsaufbau der SVLFG nicht mehr vor (siehe § 4 SVLFGG und § 3 der Satzung der SVLFG).
Die modifizierte Übernahme der Auslagerungsoption in § 8 Abs. 1 Satz 1 SVLFGG sowie die in der diesbezüglichen Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/7916 vom 28.11.2011, S. 33, Art. 1) zum LSV-NOG vom 12.04.2012 (BGBl. Teil I Nr. 16 vom 18.04.2012, S. 579) enthaltene Klarstellung, dass sich § 8 Abs. 1 Satz 1 SVLFGG auf alle Zweige der landwirtschaftlichen Sozialversicherung erstreckt, berücksichtigen diese Hintergründe. Die zugelassene Möglichkeit zur Auslagerung von Verwaltungsaufgaben ist indes nicht an eine Vorgabe geknüpft, die Zusammenarbeit mit einem Dritten auf bestimmte einzelne oder auf alle Versicherungszweige der landwirtschaftlichen Sozialversicherung zu erstrecken.
Die Versicherungsämter sind im Jahr 2000 in den § 18 Abs. 2 KVLG 1989 durch das Haushaltssanierungsgesetz mit aufgenommen worden (BT-Drs. 14/1523, S. 156, Art. 23 Nr. 1). In der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 14/1523, S. 203 f.) wird hierzu ausgeführt: „Soweit es um reine Auskunftserteilung geht, kommt auch ein Tätigwerden der Versicherungsämter nach § 93 SGB IV in Betracht.“ Die in § 8 Abs. 1 Satz 1 SVLFGG vorgesehene Zusammenarbeit mit den Versicherungsämtern kann sich daher nur auf Auskünfte nach § 15 SGB I und Antragstellungen nach § 16 SGB I beziehen. Nicht erlaubt ist den Versicherungsämtern die Beratung der Versicherten der SVLFG nach § 14 SGB I.
Die vor dem 01.01.2013 bestehenden Verträge wurden auf der Grundlage eines vom LSV-SpV aufgestellten Leistungs- und Kostenverzeichnisses abgeschlossen. Dieses Leistungs- und Kostenverzeichnis wird ab 2013 auch für Verträge der SVLFG als Bundesträger zugrunde gelegt. In die bestehenden Verträge trat die SVLFG im Wege der Gesamtrechtsnachfolge ein. Bei dem Auftragsverhältnis handelt es sich nicht um eine Beleihung, insbesondere ist der Beauftragte nicht berechtigt, Verwaltungsakte zu erlassen, sofern die Berechtigung hierzu nicht durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes verliehen wurde (entsprechend § 88 Abs. 3 SGB X). Die Berechtigung zur Entgegennahme von Anträgen ergibt sich aus der entsprechenden Anwendung des § 90 Satz 1 SGB X; dadurch können Anträge nach § 16 Abs. 1 Satz 1 SGB I wirksam auch beim Auftragnehmer gestellt werden (BT-Drs. 17/7916, S. 33 f.). Vertragsabschlüsse sind vom Bundesamt für Soziale Sicherung zu genehmigen. Hierfür hat die SVLFG regelmäßig die Wirtschaftlichkeit der Beauftragung darzulegen.
Die Vorschrift übernimmt die frühere Regelung des § 18 Abs. 2 KVLG 1989, wonach die LSV-Träger Ortsvertrauensleute bestellen konnten. Diese Kann-Vorschrift ermöglicht es der SVLFG, einzelnen Mitgliedern mit deren Zustimmung die Annahme von Meldungen und Anträgen sowie die Beratung der Versicherten für örtliche Bezirke zu übertragen. In bestehende Verträge tritt die SVLFG im Wege der Gesamtrechtsnachfolge ein (BT-Drs. 17/7916, S. 34). Von der Regelung hat die SVLFG bislang keinen Gebrauch gemacht. Allein für die Sparte Gartenbau sind Vertrauenspersonen gewählt, Rechtsgrundlage hierfür ist jedoch § 39 Abs. 2 Nr. 3 SGB IV und § 20 der Satzung der SVLFG.
Die Regelung entspricht der zuvor in § 16 KVLG 1989 enthaltenen Regelung zur Anstellung von Personen zur Gewährung von häuslicher Krankenpflege, Betriebs- und Haushaltshilfe. Da Betriebs- und Haushaltshilfe in allen Zweigen der SVLFG als Leistung vorgesehen ist und Anstellungskörperschaft für Betriebs- und Haushaltshelfer vom 01.01.2013 an nur noch der Bundesträger SVLFG ist, wurden die Bestimmungen zur Anstellung der Personen aus systematischen Gründen ebenfalls in diese Vorschrift zur Zusammenarbeit mit Dritten übernommen (BT-Drs. 17/7916, S. 34, 45).
Die Vorgängervorschrift stand im KVLG 1989 in dem Abschnitt, der die Beziehungen zu den Leistungserbringern regelt. Dies ist inhaltlich weiter der Fall, auch wenn die Regelung nun formal nicht mehr als besonderer Teil des Sozialgesetzbuchs gilt, da das SVLFGG - anders als das KVLG 1989 und auch das ALG - nicht in § 68 SGB I aufgeführt ist. Auch hinsichtlich der Umsatzsteuerbefreiung gemäß § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. i), Satz 2 UStG für eng mit Betreuung und Pflege verbundene Leistungen wird auf Verträge nach § 8 Abs. 3 SVLFGG abgestellt.